Von der handwerklichen Metallverarbeitung zur international anerkannten Designschmiede: Das 1921 am beschaulichen Ortasee im Piemont gegründete Unternehmen Alessi steht heute für Design der Extraklasse. 2021 jährt sich die Gründung zum hundertsten Mal. Grund genug, einen Blick auf Alessis Geschichte und seine Jubiläumskollektion zu werfen
Ob Philippe Starck, Michael Graves oder Ettore Sottsass. Die Liste renommierter Designer, Architekten und Künstler, die mit Alessi zusammen gearbeitet haben oder es bis heute tun, ist lang. Zahlreiche Produkte sind mittlerweile nicht nur reine Haushaltsgegenstände, sondern durch ihre einzigartige Gestaltung längst zu Designikonen aufgestiegen. Weltweit zieren zahlreiche Alessi Objekte die Schaukästen von Museen. Doch der Weg dahin war lang.
Am Anfang war die Metallverarbeitung
Traditionell war die Region rund um das piemontesische Städtchen Omegna durch das Metallhandwerk geprägt. Und so verwundert es wenig, dass auch Giovanni Alessi und sein Bruder 1921 ihre Metallwarenfabrik und Gießerei gründeten. Damals übrigens noch unter der Firmierung Fratelli Alessi Omegna. FAO, so die Kurzform, produzierte zunächst noch Messingknäufe, weitete das Produktsortiment jedoch alsbald aus. Auch Kannen, Tabletts oder Zuckerdosen – also Waren, die bis heute im Alessi-Sortiment zu finden sind – aus Messing oder Kupfer, teils versilbert oder verchromt, waren schnell weithin bekannt und gefragt.
Anfang der 1930er Jahre stieg Carlo Alessi ins Unternehmen ein, Giovannis Sohn. Der gelernte Industriedesigner erahnte, dass sich Edelstahl als verarbeitendes Material durchsetzen würde. Er baute dementsprechend die Fertigung um, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend von handwerklicher auf industrielle Produktion umstellte. Carlo übernahm 1945 zudem die Geschäftsleitung vom Vater und entwickelte Alessi kontinuierlich weiter. Bereits in den 1950er Jahren belieferte die italienische Firma internationale Restaurants und Hotels mit ihren Edelstahl-Produkten. In dieser Zeit entstanden zudem zahlreiche Objekte, die heute zu wahren Designklassikern zählen, darunter der 1948 entworfene Drahtkorb 826.
Alberto Alessi und seine Designschmiede
Wurde bereits ab den 1950 Jahren verstärkt mit externen Designern zusammen gearbeitet, führte Alberto Alessi diese Partnerschaften auf ein ganz neues Level. Alberto, der 1970 in die Firma einstieg, engagierte schnell renommierte Designer und verwandelte das Unternehmen seines Großvaters vom kunsthandwerklichen Betrieb in die von ihm gedachte Designfabrik – die Alessi bekanntlich bis heute ist. Die Zusammenarbeit mit Legenden, wie Ettore Sottsass, Richard Sapper, Alessandro Mendini oder Achille Castiglioni machte Alessi endgültig international bekannt und verstärkten das Image der Designschmiede.
Alessi Values Collection
Über die Jahrzehnte sind so tausende Produkte ins Alessi-Sortiment gelangt. Viele davon, es lässt sich nicht oft genug betonen, sind zu Designklassikern und gefragten Kultobjekten avanciert. Um dies angemessen zu feiern, hat Alessi im Mai 2021 die sogenannte Values Collection lanciert. Über ein ganzes Jahr hinweg stellt die italienische Firma jeden Monat aufs Neue einen bestimmten Wert, ein bestimmtes Motto ins Rampenlicht. Heraus kommt so eine kuratierte Sammlung an Sondereditionen aus dem Alessi-Archiv, die in die Firmengeschichte eingegangen sind – darunter teils bisher unveröffentliche Objekte.
Gleich zu Beginn im Mai stellt Alessi jenes Handwerk in den Mittelpunkt, das eng mit der Ursprungsregion verbunden und neben der Metallverarbeitung weit verbreitet ist: Die Holzbearbeitung. Hierfür wurden die Artikel der von Ettore Sottsass entworfenen Twergi Kollektion, 1989 erstmalig erschienen, ausgewählt. Sie revitalisieren die alte Tradition der Holzbearbeitung an der Drechselmaschine und symbolisieren den Wert des “Industrial Craftmanship”, also des industriellen Handwerks: Bei Alessi werden zwar Maschinen gebraucht, diese werden aber ganz im Sinne des Designers genutzt, sodass die handwerkliche Leistung der Fertigung im Fokus steht. Die Ursprungsfarben der Kollektion, ein sattes Gelb & Rot, wurden dabei um weitere, aufregende Farbkombinationen erweitert. Erhätlich sind beispielsweise die klassische Pfeffermühle, praktische Vorratsgläser und eindrucksvolle Tafelaufsätze.
Sammlerstück: Proust Vase von Mendini
Das Objekt im Juni 2021 hingegen steht ganz im Zeichen der Kunst. Das ist auch genau der Wert, der in diesem Monat präsentiert wird: “Art”. Im Fokus steht dabei die 100% Make-Up Proust Vase, entworfen von Alessandro Mendini, von der ursprünglich zwei Exemplare für die Ausstellung „Italien-Deutschland 4-3 – Fünfzig Jahre Italienisches und Deutsches Design“ in Bonn von Alessi produziert wurden. Im Zuge dieser Exposition entstand zugleich das Projekt “100% Make-Up”, an dem 100 Personen verschiedener künstlerischer Bereiche teilnahmen. Ziel war es, ein Dekor für eben jene Vase zu kreieren, die von Mendini selbst gestaltet worden war. Die Vase Proust ist nun die 101. Vase dieser Kollektion zu Ehren des Alessi Jubiläums.
Limitiert auf 999 Stück, erinnert diese einzigartige Sonderedition der Vase an den französischen Schriftsteller Marcel Proust. Das Dekor ist zudem inspiriert vom ebenfalls von Mendini entworfenen Proust Chair, der das gleiche Muster aufweist. Die Vase selbst besteht aus weißem Porzellan und wird mit einem zapfenförmigen Deckel geschlossen – raffiniertes Detail! Das Dekor entsteht durch das Einbrennen eines farbechten Abziehbildes. Sockel und Deckel sind mit handaufgelegtem Echt-Gold verziert, das gebrannt und gebürstet wird. Ein wahres Meisterwerk – gedacht für Kunst-Liebhaber und Sammler edler Designobjekte.
Nach den ersten beiden Monaten der Alessi 100 Jubiläumskollektion dürfen wir also höchst gespannt sein, welche großartigen Objekte aus dem Alessi-Archiv uns noch erwarten. Die bisherigen Sondereditionen machen jedenfalls bereits Lust auf mehr!
Dass die italienische Designschmiede aus dem piemontesischen Omegna zeitlose Alltagsobjekte herstellt, sollte anhand der bisherigen 100-jährigen Geschichte Alessis reichlich bewiesen worden sein. Oder um es mit den Worten von Alberto Alessi zu sagen:“Gutes Design ist für die Ewigkeit.”